Die Rückkehr der Autoritären

An dem Tag im Jahr 1938, als der österreichisch-britische Philosoph Karl Popper erfuhr, dass Adolf Hitler in Österreich einmarschiert war, beschloss er, das Buch Die offene Gesellschaft und ihre Feinde zu schreiben. Sein Werk ist geprägt von Negativerfahrungen mit den damaligen totalitären Systemen des Faschismus und Kommunismus. Diese Ideologien münden gemäss Karl Popper in geschlossene Gesellschaften, die eine starre Struktur aufweisen, welche die Angst vor Veränderung ausdrückt. Einer offenen Gesellschaft hingegen wohnt die Fähigkeit zur Veränderung inne. Das setzt Meinungsfreiheit und Diskussionsfähigkeit voraus: Die geltenden Regeln bilden sich im demokratischen Diskurs. Die Analyse des Philosophen hat nicht an Aktualität eingebüsst. Zurzeit bauen autoritäre Regime ihren Einfluss aus und in einigen europäischen Demokratien sind autoritäre Parteien an der Macht.
Aus sozialpsychologischer Sicht kann die Attraktivität von starken Führungsfiguren durch einen wahrgenommenen Kontrollverlust auf kollektiver Ebene erklärt werden. Gerade in Krisenzeiten nehmen manche den Kontrollverlust als individuell unveränderbar wahr. Die daraus entstehende Hilflosigkeit führt bei einigen zu Resignation. Bei anderen steigt dadurch die Akzeptanz für «simple Lösungen» von autoritären Parteien. Diese Personen tendieren dazu, die Kontrollwiederherstellung an autoritäre Führungsfiguren zu delegieren. Dieser Verlockung können wir widerstehen, indem wir resilienter gegenüber Kontrollverlust werden und Unsicherheits- sowie Ambiguitätstoleranz aufbauen. So erlangen wir wieder die Kontrolle und Verantwortung über unser Leben. Und nach Karl Popper stärken wir durch Eigenverantwortung auch die Demokratie.
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