Die Zeit, in der man glaubte, für sich selbst Geld auszugeben mache glücklich, ist vorbei. Wer heute glücklich sein will, muss geben. Und zwar nicht einfach irgendwie. Im Trend liegt der "effektive Altruismus", wie er vom australischen Philosophen Peter Singer befürwortet wird: geben, um das Leid von Menschen in Armut zu lindern, und dabei darauf achten, dass das investierte Geld die grösstmögliche Wirkung entfaltet.
In den reichen Ländern gehen manche Menschen so weit, vergleichsweise bescheiden zu leben, um anderen mehr geben zu können. Manche bezeichnen dies als "unechten Altruismus", weil die wesentliche Motivation in vielen Fällen nicht das Wohlbefinden der Beschenkten, sondern eher der "warm glow" ist, also die positive Emotion, die wir durch das Geben empfinden.
Macht Geben wirklich glücklich? Glücklicher als Nehmen? Genau diesen Fragen ging die Psychologin Lara Aknin von der kanadischen Universität Simon Fraser gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen in einer Studie mit Kleinkindern nach. Fazit: Kinder im Alter von unter zwei Jahren sind glücklicher, wenn sie anderen Süssigkeiten geben, als wenn sie selbst welche geschenkt bekommen. Zudem macht es Kinder glücklicher, etwas aus ihrem eigenen Besitz zu schenken, als denselben Gegenstand zu verschenken, der ihnen nicht gehört.
Im Rahmen einer anderen Studie gab die kanadische Psychologin Elizabeth Dunn Studierenden eine bestimmte Summe Geld. Den Teilnehmenden einer ersten Gruppe wurde aufgetragen, das Geld für sich selbst auszugeben. Die der zweiten Gruppe aber mussten es einer Hilfsorganisation spenden oder jemandem ein Geschenk damit machen. Später erklärten die Studierenden, die für sich selbst etwas gekauft hatten, spontan Freude empfunden zu haben, allerdings ohne anhaltende Wirkung. Die anderen hingegen spürten noch immer Zufriedenheit.
Diese Studien bestätigen, dass die Zufriedenheit darüber, ein Geschenk gemacht oder jemandem geholfen zu haben, real ist. Und dass sie uns manchmal zu "prosozialen" Verhaltensweisen bewegt, auch wenn diese einen persönlichen Aufwand bedeuten. Geld macht zwar nicht unmittelbar glücklich. Geld für andere auszugeben trägt aber offensichtlich zum Glück bei.
Von Aurélie Faesch-Despont, publiziert im Psychoscope 2/2016
Fatiha Alim
29/12/2022