Psychoscope Blog – The Power of Affect
Emotionen sind auch im beruflichen Alltag allgegenwärtig und steuern Motivation und Verhalten. Dass Ereignisse am Arbeitsplatz grossen Einfluss auf Affekte der Erwerbstätigen haben, ist hinreichend belegt und konform mit der Affective Events Theory. Diese Erfahrung machen die meisten wohl auch fast täglich. Die Idee der Wissenschaftlerinnen der Universität Mannheim Anne Caspar, Stephanie Tremmel und Sabine Sonnentag war nun aber, dass hier eine reziproke Beziehung vorliegt: Erwerbstätige gehen je nach affektiver Gemütslage Aufgaben unterschiedlich an und interagieren unterschiedlich mit Kolleg(inn)en. Somit beeinflussen ihre Affekte auch aktiv die Geschehnisse am Arbeitsplatz. Bislang ist wenig bekannt über das längerfristige Zusammenspiel von Ereignissen am Arbeitsplatz und Affekten. Diese Lücke wollten die Mannheimer Forscherinnen schliessen.

Caspar und Kolleginnen befragen mittels Online-Fragebogen 1‘039 Erwerbstätige im Alter von 18 bis 25 Jahren aus unterschiedlichsten Berufen und Branchen zu drei Zeitpunkten (t1, t2, t3) im Abstand von jeweils drei Monaten zu positiven und negativen Affekten und aufgabenbezogenen oder interpersonalen Ereignissen am Arbeitsplatz. Mit positivem Affekt sind angenehme Gefühle wie Enthusiasmus, Inspiration und Wachheit gemeint. Negativer Affekt umfasst aversive Gefühle wie Ärger, Furcht oder Belastung. Mit (positiven oder negativen) interpersonellen Arbeitsereignissen sind Begebenheiten gemeint, bei denen andere Personen involviert sind wie z. B. jemandem helfen, ein Kompliment entgegennehmen oder Konflikte mit Kolleg(inn)en. Mit arbeitsbezogenen Ereignissen sind Ereignisse gemeint, die etwas mit der Ausführung der Tätigkeit zu tun haben wie z. B. eine herausforderndes Problem lösen, einen Fehler machen oder ein Computerabsturz.
Die Mannheimer Wissenschaftlerinnen konnten zeigen, dass affektive Zustände am Arbeitsplatz nicht nur eine Folge von Ereignissen sind sondern auch nachgelagerte Begebenheiten mitbestimmen – auch über die Zeit. Konsistent sagten über die drei Zeitpunkte positive Affekte eine Zunahme von positiven Ereignissen und negative Affekte eine Zunahme von negativen Begebenheiten 3 Monate später vorher – jeweils sowohl interpersonale wie auch arbeitsbezogene. Es wird vermutet, dass je nach Affekt unterschiedlich agiert wird und somit Erwerbstätige aktiv auch längerfristig zum Vorkommen bestimmter Begebenheiten am Arbeitsplatz beitragen. Hingegen wurde umgekehrt über die Zeit nur eine Beziehung signifikant: Negative arbeitsbezogene Ereignisse bei t2 sagten eine Zunahme von negativen Affekten von t2 zu t3 vorher. Das Modell mit reziproken Beziehungen zwischen Affekten und Ereignissen am Arbeitsplatz - mit cross-lagged Paths von Affekten und Ereignissen in beide Richtungen - erzielte dennoch den besten Fit.
Organisationen täten gut daran, die Wirkung von Affekten am Arbeitsplatz nicht zu unterschätzen. Positive Emotionen sollten aktiv gefördert werden z. B. mittels entsprechendem Führungsverhalten. Bei negativen Emotionen sollte Unterstützung geleistet werden, um diese abzuschwächen, z. B. mittels Stressregulationsinterventionen.
Studie
Casper, A., Tremmel, S., & Sonnentag, S. (2019). The power of affect: A three‐wave panel study on reciprocal relationships between work events and affect at work. Journal of Occupational and Organizational Psychology.
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